Kapitel 1 |
Es waren einmal zwei Brüder, die lebten in Pinneberg. Der eine hieß Marcel und war acht Jahre alt. Sein Bruder Maurice war erst vier Jahre alt. Und obwohl er noch so klein war, hatte er die größte Freude daran, sich mit seinem Bruder Marcel zu raufen und zu streiten.
Die beiden stritten den ganzen Tag. Sie fingen morgens an, wenn die Sonne aufging und hörten erst am Abend auf, wenn sie ins Bett gehen mussten.
Die Sonne, die das den ganzen Tag mit anhören musste, wurde immer wütender, denn sie bekam schon Kopfschmerzen von dem lauten Gezanke der beiden. Jeden Morgen seufzte sie:“ Jetzt geht es gleich wieder los!“. Und kaum hatte sie das ausgesprochen, fing der Streit auch schon an.
„Mamaaa! Maurice hat mich gehauen!“, schrie Marcel.
„Stimmt gar nicht! Marcel hat angefangen!“, rief Maurice gleich hinterher.
Und so ging es den ganzen Tag lang weiter. Jeden Tag!
Die Sonne versuchte sich ein paar Wolken vor die Ohren zu halten, damit nicht so viel Lärm an ihre Ohren drang.
Aber es war vergeblich. Nichts half!
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Die Sonne wurde immer verzweifelter. In ihrer Not wandte sie sich an den Mond und bat ihn um Rat. Der Mond war sehr geschmeichelt, das die große goldene Sonne gerade ihn, den kleinen silbernen Mond um Hilfe bat.
„Mach dir keine Sorgen, liebe Sonne!“, sagte der Mond. „Ich werde einmal mit den beiden Streithähnen reden.“
Die Sonne dankte dem Mond und machte sich auf den Weg, um in andere Länder zu fliegen, die schon auf den Tag warteten.
Der Mond jedoch schien in das Fenster der beiden Brüder, die jetzt ganz friedlich in ihren Betten lagen und vor sich hinschlummerten.
Der Mond strahlte so viel Licht aus, dass die beiden Jungen erwachten. Sie rieben sich die Augen und liefen zum Fenster.
„Was ist denn hier los?“, wunderte sich Marcel, „Warum weckst du mich, Maurice? Mach endlich das Licht aus!“
„Wieso? Das war ich nicht! Das hast du selber angemacht, du Blöder!“, erwiderte Maurice.
„Nee, das warst du!“, rief Marcel.
Und wieder gab ein Wort das andere. Nun wusste der Mond, warum die Sonne so verzweifelt war.
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“Hey, hey, hey, nun ist aber Schluss mit dem Gezanke!“, rief er laut, „Das kann ja kein Mond aushalten!“
Die Kinder erschraken zunächst, dass der Mond mit ihnen sprach, aber sie beruhigten sich schnell wieder und zankten weiter.
„Wenn ihr nicht sofort aufhört, nehme ich einen von euch mit!“, sagte der Mond.
„Dann nimm den Blödmann da mit!“, rief Marcel und zeigte auf seinen Bruder. Der aber erwiderte: „Nein, nimm lieber den Doofen da drüben!“.
Da wurde es dem Mond zu bunt. Kurzerhand schnappte er sich einen der beiden Streithähne und flog mit ihm los.
„Endlich bin ich meinen blöden Bruder los.“, dachte Marcel und schlief wieder ein. Der Mond machte sich inzwischen auf eine weite Reise mit dem kleinen Maurice.
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Am nächsten Morgen stand Marcel schon sehr früh auf. Seine Eltern schliefen noch tief und fest.
Ganz heimlich und leise schlich er zum Bett seines Bruders. Er wollte ihn wecken und mit ihm spielen. Aber dann fiel ihm plötzlich ein, dass der Mond Maurice mitgenommen hatte.
„Dann spiele ich eben allein.“, beschloss Marcel.
Er holte seine Bausteine und baute einen riesengroßen Turm. Es war der größte Turm, den er je gebaut hatte.
Während er so spielte und seinen Turm betrachtete, dachte er: „Endlich einmal ist niemand da, der mir alles kaputt macht.“
Die Sonne, die ihn vom Himmel herab beobachtete, war auch zufrieden.
Sie genoss die herrliche Ruhe und freute sich, dass Marcel so glücklich aussah.
Und das war er auch. Aber nach einer Weile merkte er, dass ihm irgendetwas fehlte.
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Er dachte an seinen kleinen Bruder. Wo er jetzt wohl war? Und ob es ihm gut ging? Er war doch noch so klein, erst vier Jahre alt. Da wurde Marcel ganz traurig und er fing an zu weinen. Er weinte so bitterlich, dass die Sonne Mitleid mit ihm bekam und beschloss, ihm zu helfen, seinen Bruder wiederzufinden.
„Weine nicht Marcel!“, sagte die Sonne zu ihm, „Ich weiß, wo der Mond deinen Bruder hingebracht hat, und ich werde dir helfen, ihn wieder zurückzubringen. Aber es wird nicht leicht werden. Du musst sehr mutig sein und viele Aufgaben lösen! Meinst du, dass du das schaffst?
„Wenn ich meinen Bruder zurückbekomme, wird mir kein Weg zu weit und keine Aufgabe zu schwer sein!“, schluchzte Marcel.
Denn auch wenn er sich den ganzen Tag mit Maurice stritt, so liebte er ihn doch sehr.
„Bitte sag mir schnell, was ich tun soll!“, bat Marcel die Sonne.
„Dann komm mit mir in mein Land. In das Land der aufgehenden Sonne. Die Menschen hier nennen es auch Japan. Dorthin hat der Mond deinen Bruder gebracht. In das Schloss einer Zauberin.“
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